Staatssekretärin Claudia Plakolm im Interview

© Maximilian Gsöls
© Maximilian Gsöls

17.05.2024

„Bin als Mühlviertlerin stolz, wenn ich in Wien von Unternehmen und Experten höre, die ihre Wurzeln in Hagenberg haben“

Frau Staatssekretärin Claudia Plakolm, inwiefern sehen Sie die Rolle von regionalen Softwareparks wie Hagenberg in der Förderung von Innovation und Digitalisierung auf regionaler und nationaler Ebene? 

Ich finde die Möglichkeiten in Hagenberg gerade deshalb so wichtig, weil viele junge Burschen und Mädels in ihrer Heimatregion ihrem Interesse und ihrer Leidenschaft nachgehen können. Es gibt ganz viele Leute, die sich für die Zukunftsthemen begeistern. Einige habe ich bei meinem Besuch persönlich kennengelernt. Der Softwarepark ist auch ein wichtiger Wirtschaftsmotor in der Region, weil hier viele Arbeitsplätze angesiedelt sind. Überregional betrachtet bin ich gerade als Mühlviertlerin stolz, wenn ich in Wien von Unternehmen oder Expertinnen und Experten höre, die ihre Wurzeln in Hagenberg haben. 

In Ihrer Funktion haben Sie sicherlich einen Einblick in die Herausforderungen und Chancen der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Forschungseinrichtungen und der Regierung. Welche Maßnahmen halten Sie für wichtig, um diese Zusammenarbeit weiter zu stärken und den digitalen Wandel voranzutreiben? 

Österreich ist beim digitalen Wandel vorne dabei, EU-weit scheuen wir keinen Vergleich. Bei der Digitalisierung müssen wir aber alle mitnehmen – die Bürgerinnen und Bürger, die Unternehmen, die Forschungseinrichtungen und natürlich auch die Verwaltung. Beim Digitalisierungsgrad der Unternehmen haben wir noch Aufholbedarf. Deshalb unterstützen wir hier als Bund mit einer eigenen Förderung. Das Wirtschaftsministerium hat das Programm „KMU.Digital“ ins Leben gerufen, mit dem Digitalisierungsprojekte von Unternehmen gefördert werden.  Über 25 Millionen Euro wurden hier schon ausgeschüttet. Um die digitalen Kompetenzen in der Bevölkerung zu stärken, starten wir eine Kompetenzoffensive mit 4.500 Workshops. Mir ist aber wichtig, dass wir nicht nur in die Breite, sondern auch in die Tiefe kommen. Daher haben wir vor wenigen Wochen auch ein neues Doktoratsprogramm präsentiert, die Digital Innovation School am Complexity Science Hub in Wien. Es würde mich freuen, wenn dort in den nächsten Jahren auch jemand mit Wurzeln am Softwarepark Hagenberg forscht. 

Wie bewerten Sie die aktuellen Maßnahmen zur Förderung von Start-ups und Tech-Unternehmen in Österreich? Sehen Sie Möglichkeiten, diese noch effektiver zu gestalten, insbesondere in Bezug auf die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit? 

Wir sind gut aufgestellt, aber müssen hier sicher auch als Standort noch besser werden. Wir haben zwei hochprofessionelle Institutionen, die Start-ups unterstützen. Einerseits die Austria Wirtschaftsservice GesmbH (aws) als Förderbank des Bundes sowie die österreichische Forschungsförderungsgesellschaft FFG als nationale Förderagentur für die unternehmensnahe Forschung und Entwicklung. Auch die Wirtschaftsagenturen der Bundesländer sowie die EU haben dazu Schwerpunkte gesetzt.  

Angesichts der raschen Entwicklung neuer Technologien wie KI: Wie sieht Ihrer Meinung nach die Zukunft der digitalen Wirtschaft in Österreich aus und welche Schritte sollten unternommen werden, um sicherzustellen, dass Österreich in diesem Bereich wettbewerbsfähig bleibt? 

Die Europäische Union legt hier mit dem AI Act erstmals einen klaren rechtlichen Rahmen für Künstliche Intelligenz vor. Wir haben in Vorbereitung der nationalen Umsetzung des AI-Acts in Österreich für diese Themen eine KI-Servicestelle eingerichtet, wovon letztlich auch Unternehmerinnen und Unternehmer profitieren werden. Ganz grundsätzlich geht es aber um die Frage, wieviel Regulierung ist notwendig und ab wann laufen wir Gefahr, Innovationen zu bremsen. Um international wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir Innovationen zulassen. Dort, wo es um ethische Fragen geht, braucht es aber ein Regelwerk, das die Politik vorgibt.  

Die Förderung digitaler Kompetenzen ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit der Arbeitnehmer. Welche Strategien sollten Ihrer Meinung nachverfolgt werden, um sicherzustellen, dass die Bevölkerung die notwendigen Fähigkeiten für die digitale Wirtschaft entwickelt und aufrechterhält? 

Wie bereits erwähnt, setzen wir die „Digitale Kompetenzoffensive“ in Österreich um. Unter dem Motto „Digital überall“ sind wir dazu in ganz Österreich unterwegs und bieten 4.500 kostenlose Workshops an. Das Projekt wird auch professionell begleitet, damit wir die Wirkung in der Bevölkerung auch messen können. Gemeinsam mit dem Gemeindebund und dem Städtebund rufe ich außerdem alle Bürgermeister im Land auf, uns Digi-Dolmetscher zu melden, die vor Ort als Ansprechpartner für die Kompetenzoffensive zur Verfügung stehen. Ich bekenne mich aber dazu, dass wir in Österreich auch Spitzenforschung und Unternehmertun unterstützen müssen, um auch bei der Tiefe vorne dabei zu sein. 

Als Staatssekretärin für Jugendangelegenheiten: Wie sehen Sie durch Ihre neuen Ressourcen die perfekten Gegebenheiten, um die Jugend bestmöglich auf die Auswirkungen der Digitalisierung vorzubereiten? 

Wir müssen jungen Talenten aufzeigen, welche Möglichkeiten sie mit einer Ausbildung und einem Job in der Digitalisierung bzw. Technik bei uns in Österreich haben. Wir müssen vor allem bei Mädels das Bewusstsein dafür schaffen, damit sie sich trauen, eine Lehre in dem Bereich zu starten. Die Top drei Lehrberufe sind bei Mädchen immer noch Einzelhandel, Bürokauffrau und Friseurin. Es gibt hier bereits viele Maßnahmen, aber da sind auch die Eltern gefragt, andere Wege aufzuzeigen.