HEAL: Probleme lösen, die sonst Jahre an Rechenzeit bräuchten

© Petra Wiesinger

25.06.2020

In welcher Reihenfolge sortiert man Aufträge? Wie schleust man sie durch? Wie terminiert man Stationen? Was in Firmen sonst Produktionssteuerer erledigen, machen ExpertInnen aus Hagenberg mit ausgeklügelten Algorithmen. Die Software schlägt dann vor, welche Schritte gesetzt werden.

Heuristische Optimierung bedeutet, Probleme zu lösen, die sich sonst nicht in absehbarer Zeit lösen lassen“, sagt DI (FH) Dr. Michael Kommenda, MSc, Senior Research auf dem Campus Hagenberg. Das heißt, die Probleme sind so rechenaufwendig, dass man Jahre an Rechenzeit brauchen würde. Dieser Bereich bewegt sich stark in Künstlicher Intelligenz, aber immer mit dem Menschen im Fokus, der verstehen und agieren soll.

HEAL (Heuristic and Evolutionary Algorithms Laboratory) ist die größte Forschungsgruppe in Hagenberg und eine der größeren an den Campus-Standorten. Was 2005 unter der Leitung von FH-Prof. PD DI Dr. Michael Affenzeller mit vier Personen begonnen hatte und von 2008 bis 2013 mit zehn Personen in Hagenberg das österreichweit erste Josef-Ressel-Zentrum etabliert hat, umfasst nun fünf Professoren und 20 Studierende, die Praktika, Bachelor und Master absolvieren. Die Forschungsrichtung hat sich in zwei Teilbereiche gespaltet, wie sich auch die zwei Hagenberger Josef-Ressel-Zentren aufteilen: Bei der klassischen Optimierung geht es um Produktions- und Lageroptimierung sowie Auftragsplanung. Bei der Datenanalyse geht es um Machine-Learning für interpretierbare Daten.

Was versteht man nun unter Explainable Artificial Intelligence? „Es geht nicht nur darum, Daten möglichst genau zu beschreiben, sondern so, dass diese Modelle von Domainexperten, Verfahrenstechnikern und Physikern interpretiert werden können. Das erhöht die Glaubwürdigkeit immens, wenn das ein Mensch interpretieren kann. Bei uns kommen als Ergebnis Modelle in kurzen mathematischen Formeln heraus.“ Mit dieser Methode machen die Experten Kooperationen mit den großen Industrieunternehmen in Oberösterreich: voestalpine, MIBA, Rosenbauer, Primetals Technologies, Rübig, AVL, Lenzing AG und etlichen anderen Forschungsgruppen österreichweit – alle Unternehmen, wo Ressourcen fehlen, um Daten zu analysieren. Inhaltlich arbeiten sie eng mit der FH OÖ Campus Wels (Engineering) und der FH OÖ Campus Steyr (Produktionsoptimierung und Logistik) zusammen. „Wir schauen uns riesige Datenmengen an, wie auf einer große Excel-Tabelle, und probieren, Zusammenhänge zu erfassen“, sagt Kommenda. Im Produktionssystem lassen sich so Parameter erkennen, mit denen weiterführende Fragen beantwortet werden können wie etwa: Wann wird eine Maschine defekt? Wie muss ich meinen Prozess steuern, um kostenneutral zu produzieren? Kann ich andere Rohstoffe ohne Qualitätsverluste einsetzen? Jedes dieser Projekte bei den Kooperationspartnern basiert auf ähnlicher Methodik, jeweils adaptiert für den Anwendungsfall. Ein Mitarbeiter wird pro Firma eingesetzt, Studierende werden über den Bachelor hinzugezogen, viele von ihnen machen Dissertationen in Kooperation mit Unis.

Wesentlich für die Ergebnisse ist das Open Source Heuristic Lab, seit 2003 in Hagenberg. Alle Algorithmen, die nicht mit firmenspezifischen Daten in Verbindung stehen, fließen hier hinein und werden kostenlos zur Verfügung gestellt. „Das Heuristic Lab ist sehr wichtig für uns“, ergänzt FH-Prof. DI Dr. Stefan Wagner, Professor für Komplexe Softwaresysteme. „Hier gehen wir der Frage nach: Wie kann man Ergebnisse so verallgemeinern, dass man die Erkenntnisse aus dem vorigen Projekt ins nächste mitnehmen kann? Es ist damit ein nachhaltiges Bindeglied zwischen Forschung und Lehre, indem man mit Methoden aus der Forschung auch im Unterricht anwenden kann.“ Und es dient als Türöffner für weitere Kooperationen. „Kleine Machbarkeitsstudien dauern etwa ein Quartal, längere zwischen fünf und zehn Jahre“, sagt Wagner. Damit wird HEAL auch bei der Weiterbildung in Unternehmen zu Optimierungsthemen engagiert.

Kontakt

University of Applied Sciences Upper Austria
Heuristic and Evolutionary Algorithms Laboratory
Softwarepark 11
4232 Hagenberg


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